„Wer heute einen Mini-Lohn erhält, bekommt morgen eine Mini-Rente. Diese Formel mag schlicht klingen, aber sie trifft zu und bringt Folgendes auf den Punkt: Arbeitsmarktpolitik ist immer auch Rentenpolitik“, erklärt der Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Bayern Thomas Beyer anlässlich des Tags der Arbeit am 1. Mai. So lange prekäre Arbeitsverhältnisse und die sogenannte Teilzeit-Falle gerade bei Alleinerziehenden verbreitet sind, sei Altersarmut für einen großen Teil der Bevölkerung leider unausweichlich. Beyer: „Immerhin müssen viele Menschen während ihres Erwerbslebens dauerhaft mit einem eigentlich nicht auskömmlichen Gehalt über die Runden kommen. Das kann keine Grundlage für eine auskömmliche Rente sein – zumal dann nicht, wenn das Rentenniveau kontinuierlich sinkt.“
Deshalb bleibe es bei den altbekannten, bislang höchstens ansatzweise erfüllten Forderungen, die nichtsdestotrotz auf der Hand liegen: ausreichend sozialversicherungspflichtige und auskömmliche Beschäftigungsverhältnisse und Vereinbarkeit von Beruf und Familie beispielsweise durch flexible Arbeitszeiten und ausreichend Betreuungsangebote für Kinder. Zudem müsse es genügend im doppelten Sinn des Worts gut erreichbare Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen geben.
Bedauerlicherweise kämen derlei Maßnahmen für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu spät. „Für sie muss es umgehend eine tiefgreifende Rentenreform geben. Das Rentenniveau muss wieder auf über 50 Prozent steigen, die gesetzliche Rente muss zur Erwerbstätigenversicherung ausgebaut werden und die kapitalgedeckte Altersvorsorge hat einer Stärkung der solidarischen gesetzlichen Alterssicherung zu weichen“, fordert AWO-Chef Beyer. Er begreift „eine Rentenreform als Wiedererrichtung des gesetzlichen Rentensystems als Instrument der Lebensstandardsicherung im Alter“.
Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt hat lange bevor etwa Ministerpräsident Horst Seehofer die überfällige Rentenreform als Wahlkampfthema entdeckt hat, das Positionspapier „Rentenkürzungen stoppen, Altersarmut verhindern, Lebensstandard sichern!“ verabschiedet (http://www.awo-informationsservice.org/uploads/media/AWO-Forderungen-Alterssicherung-2014.pdf). Beyer, der zu den Herausgebern des Forderungspakets gehört: „Den Inhalt kann man getrost weitsichtig nennen, vor allem aber ist er realistisch.“
Die AWO in Bayern zählt rund 65.000 Mitglieder und beschäftigt rund 28.000 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darüber hinaus engagieren sich rund 13.500 Menschen ehrenamtlich in verschiedenen sozialen Bereichen. In über 1.700 Einrichtungen und Diensten ist die AWO landesweit gesellschaftlich aktiv und auf allen Gebieten der Sozialen Arbeit, der Erziehung, der Bildung und des Gesundheitswesens tätig.